Borgo San Felice: Ein Gedicht aus Pasta und Wein

Fotos: © Borgo San Felice Relais & Chateaux

Im Herzen der Toskana, unweit der mittelalterlichen Berühmtheiten von Siena, San Gimignano und Montepulciano liegt das Dorf San Felice. Und würden da nicht sieben Cinquecento auf der Piazza parken, könnte man meinen, an diesem Ort hätte sich seit dem 15.Jahrhundert nicht viel verändert.

Seit 2000 erstrahlt das Dorf wieder im neuen Glanz. Im ehemaligen Palazzo des Grafen von Teja und in den alten Wohnhäusern entlang der kleinen Gassen wohnen heute Hotelgäste. 33 luxuriöse Zimmer, 20 Suiten, zwei Restaurants, ein Wellness-Bereich wurden vom neuen Besitzer, der Allianz-Gruppe, perfekt in das mittelalterliche Ensemble integriert. Das Borgo San Felice ist Mitglied der Hotelgruppe „Relais & Chateaux“.

Wo früher eine Werkstatt war, ist heute ein Gourmet Restaurant untergebracht, das „Poggio Rosso“. Hier pflegt Zwei-Sterne-Koch Francesco Bracali die feine toskanische Küche. Er experimentiert mit Aromen, Farben, Düften und neuen Zutaten. Sein Risotto mit Taubenragout und Parmesan, verfeinert er mit einer Creme aus Taubenleber und dem Portwein-Gelee Brunoise. Die über Olivenholz geräucherte Fasanenbrust wird in einem Weinblatt mit einer Wurst- und Kastanienfüllung an FoiGras-Sauce mit Steinpilzen serviert. Ein Klassiker seiner Küche sind seine hausgemachten Ravioli, gewürzt mit Safran aus San Gimignano oder die gegrillten Jakobsmuscheln auf einer Creme aus rosa Regello-Kichererbsen.

Völlig unaufgeregt verbindet Bracali toskanische Tradition mit Avantgarde. Im Restaurant seiner Eltern in Massa Marritima entdeckte er seine Leidenschaft zum Kochen. Seine späteren Wanderjahre führten ihn nach Japan und New York. Als er zurückkam, übernahm er den elterlichen Betrieb. Inzwischen trägt sein „Ristorante Bracali“ in Massa Marittima zwei Michelin Sterne. Ein paar Tage in der Woche ist er aber immer in San Felice und kocht dort gemeinsam mit seiner Küchenchefin Alessandra Zacchei. Seit neun Jahren sind sie nun ein Team.

Kochen fängt immer mit guten Produkten an. Die Qualität ist für ihn ausschlaggebend. Alles stammt daher aus kleinen handwerklichen Betrieben aus der Region: das Olivenöl aus eigener Produktion, die Artischocken aus Empoli, die roten Zwiebeln aus Certaldo, die Trüffel aus der Gegend um den Monte Amiata, das Fleisch vom Chianina Rind aus eigener Zucht und die Fische und Meerestiere von den Märkten der nahen Küste.

Im Restaurant „Gazebo“, in San Felice, serviert er die rustikale, toskanische Küche. GOURMET GLOBE testete seine Spaghetto „Morelli“, eine Spezialität aus San Romano, bei Pisa. Die Nudeln werden dort - wie früher - von Hand gerollt und über traditionellen Holzgestellen 36 Stunden lang getrocknet. Bracali mischt unter die heiße Pasta Pfeffer und einen milden Pecorino Toscano delle Crete Senesi. Ein Gedicht! Als Hauptgang bestellen wir ein Bistecca alla Fiorentina, über Holzkohle gegrillt, al sangue. Dazu gibt es einen Salat mit Cannellini-Bohnen, das Lieblingsgemüse der Toskaner. Ein Brunello di Montalcino Campogiovanni 2010 vom eigenem Weingut rundet den Abend ab.

Weinkeller im Hotel Borgo San Felice in der ToskanaWein wird übrigens in der Gegend von San Felice seit Jahrhunderten mit großem Erfolg angebaut. Über 650 Hektar Land gehören zum Besitz des Borgo San Felice. 210 Hektar davon sind Weinberge, 60 Hektar Olivenhaine. Ein Klassiker im Weinkeller: der Chianti Classico Riserva Il Grigio. Ein Sangiovese in Reinkultur. Sein Aroma besteht aus Brombeeren, Veilchen, Lavendel, Kirschen und Wildkräuter. Am Gaumen ist er fleischig mit seidigem Tannin. 24 Monate reift er in slowenischen Eichenfässern und ein Jahr auf der Flasche. 93 Punkte gab es von Robert Parker's Wine Advocate für den Jahrgang 2010.

Der Önologe Leonardo Bellaccini - er arbeitet seit 30 Jahren im Betrieb - setzte schon früh auf autochthone Rebsorten. Sie holen seiner Meinung nach das Beste aus den lehm- und kalksteinreichen Böden heraus. Die Pugnitello-Traube hat er vor dem Aussterben gerettet und auf sechs Hektar rekultiviert. Die Frucht ähnelt einer kleinen Faust, einer „picollo pugno“. Der dunkle, samtige Rotwein, der aus ihr gekeltert wird, duftet nach roten Kirschen, Pflaume, Vanille und Wachholderbeeren. Er passt hervorragend zu Wildgerichten oder zu würzigen Käsesorten – zu Pecorino Toscano oder zu Parmigiano Reggiano. Für den Jahrgang 2007 vergab Falstaff 99 Punkte! Beim Wine Spectator wurde der Pugnitello mehrfach zu einem der 100 besten Weine der Welt gewählt.

Auch beim Vignorello nahm San Felice die Rolle des Vorreiters ein. 1968 brachten sie den ersten „Supertoskaner“ auf den Markt - ein Cuvee aus Sangiovese und Cabernet Sauvignon. Dieser Wein sollte den ähnlich gestrickten Weinen aus Frankreich, Kalifornien oder Chile Paroli bieten. Heute verzichtet man beim Vigorello völlig auf die Sangiovese-Traube. Cabernet Sauvignon, Merlot sowie ein wenig Petit Verdot ruhen nun im Fass. Zum Besitz von San Felice gehören inzwischen drei Anbaugebiete: die Agricola San Felice, die im Herzen des Chianti-Classico-Gebiets liegt, das Weingut Campogiovanni bei Montepulciano - dort wird ein Brunello erzeugt - und das Weingut Perolla in der Maremma.

Der Hotelgast hat also im Borgo San Felice eine große Auswahl an toskanischen Spitzenweinen, die er, wenn er will, auch gleich um die Ecke im Weinkeller probieren und kaufen kann. Salute.

Text: Thomas Fischer-Fabian