Im Vergleich zu den Frescobaldis waren die Medicis neureich. Dieses Bonmot ist zu schön, um es nicht zu drucken. Auch wenn es Frescobaldi selbst „unhöflich“ nennt. Zeigt es aber doch das Selbstverständnis der Marchesi de‘ Frescobaldi, die in der Toskana für 700 Jahre Weinbau stehen. GOURMET GLOBE besuchte ihre Weingüter Tenuta di Castiglioni, südlich von Florenz, und Castel Giocondo, nahe Montalcino
Die Frescobaldis haben deutsche Wurzeln. Ihre Vorfahren zogen mit Kaiser Otto II. Ende des 10. Jahrhunderts über die Alpen, siedelten in der Toskana und betätigten sich als Kaufleute. 300 Jahre später pflanzten sie auf ihren Ländereien die ersten Rebstöcke. Mit dem Wein belieferten sie die europäischen Herrscherhäuser. Zu ihren Kunden zählten berühmte Gastgeber wie Papst Pius IV., Caterina de‘ Medici von Frankreich oder Heinrich VIII. von England. Der berüchtigte Blaubart ließ in seinem Lustschloss, dem Hampton Court Palace, die Weine der Frescobaldis aus einem Brunnen sprudeln.
Heute genießt man dezenter. Aber auch vielfältiger. Die 30. Generation der Frescobaldis besitzt zwischen Florenz und Grosseto inzwischen neun Weingüter und Anbaugebiete. Darunter die berühmte Tenuta Dell‘ Ornellaia in Bolgheri, die 2005 komplett übernommen wurde. Die einzigen Weinberge außerhalb der Toskana liegen im Friaul. Dort hat sich Frescobaldi am Weingut Attems beteiligt, um sein etwas rotlastiges Portfolio mit großartigen Sauvignons und Chardonnays abzurunden. Unterm Strich bringt es die „Compagnia de‘ Frescobaldi“ auf eine Jahresproduktion von 10,6 Millionen Flaschen.
Mit diesem Angebot hat Frescobaldi seine Stellung unter den vier führenden Weingütern der Toskana (Antinori, Banfi, Frescobaldi, Ricasoli) ausgebaut, wie Hugh Johnson in seiner „Enzyklopädie der Weine“ feststellt. Der Spitzenreiter, Piero Antinori, produziert zwar fast doppelt so viel Wein wie Frescobaldi und schrieb mit dem Supertoskaner Tignanello Weingeschichte, aber die florentinische Konkurrenz rückt näher. „Frescobaldi ist in puncto Qualität, Verlässlichkeit, Preis-Leistung und Originalität außergewöhnlich“.
Tenuta di Castiglioni - Wo alles begann
Die Straße zur Tenuta di Castiglioni ist schmal und kurvig. Das Gut liegt im Val di Pesa auf einem der vielen Hügel, die Florenz umgeben. Hier schlägt das Herz der Familie. Hier wurde vor 700 Jahren der erste Frescobaldi gekeltert. Die Region zählt zu den neun Chianti-Gebieten. Das Klima ist warm und trocken. Die Reben reifen schneller als in den angrenzenden Zonen. Der Boden besteht vorwiegend aus Lehm, der das Wasser für die heißen Sommermonate speichert. Die Weinberge, die 1990 komplett erneuert wurden, sind mit Sangiovese, Merlot und Cabernet Sauvignon bestockt.
Der anspruchsvollste Wein, der in den Kellern der Tenuta di Castiglioni reift, ist der Giramonte. Er besteht aus Merlot (80%) und Sangiovese (20%). Schläft 14 Monate in Barriques und noch einmal sechs Monate in der Flasche. Sein Debüt in der Weinwelt war furios. Bereits der zweite Jahrgang (1999) wurde vom Gambero Rosso mit drei Gläsern ausgezeichnet. Diesen Anfangserfolg konnte der Giramonte bisher nicht wiederholen. Einzig der Jahrgang 2007 erreichte noch einmal diese Qualität. Sein Aroma aus Brombeere, Sauerkirsche und Pflaume, gepaart mit Röstnoten von Kakao, Vanille und Kaffee wurde vom US-Magazin „Wine Spectator“ mit 94 Punkten bewertet.
Der Giramonte wird exklusiv gehalten. Pro Jahr werden nicht mehr als 9.000 Flaschen abgefüllt. Der Tenuta Frescobaldi di Castiglioni bringt es dagegen auf weit mehr. Er ist das Brot und Butter-Geschäft des Weinguts. Ein Blend aus Cabernet Sauvignon (50%), Merlot (30%), Cabernet Franc (10%) und Sangiovese. Er wird einen Monat in Barriques und 12 Monate in der Flasche ausgebaut. Großartig passt er zu Pasta mit Ragout aus Wildschwein oder Hase, zu Schmorbraten, zum Steak und zu herzhaften Käsesorten. Der italienische Weinexperte Luca Maroni hat den Jahrgang 2008 mit 90 Punkten („hervorragend“) bedacht.
Castel Giocondo – Mächtiges Standbein in der Heimat des Brunello
Der Blick vom Castel Giocondo ist weit. Sanft abfallende Weinberge wechseln mit goldenen Sonnenblumenfeldern, schlanke Zypressen säumen die Wege und verwitterte Gemäuer trotzen den Jahrhunderten. Das Castel Giocondo wäre die ideale Kulisse für einen Film über einen magischen Sommer in der Toskana. Die alte Festung bewacht seit über eintausend Jahren die Straße zwischen dem Hafen Talamone und Siena. Die Familie Frescobaldi hat das Gut 1989 erworben …
… und hat seitdem ein Standbein in einem der berühmtesten Anbaugebiete der Welt: in Montalcino. Das kleine Städtchen am Ombrone ist die Heimat des Brunello. Ein Rotwein, der in jedem Weinkeller der Welt einen Ehrenplatz einnimmt. Noch vor zehn Jahren wurden große Jahrgänge mit Gold aufgewogen. Auf den Weinkarten New Yorker Spitzenrestaurants wurde für eine Flasche bisweilen 1.500 Dollar verlangt und bezahlt. Inzwischen hat sich der Hype etwas gelegt. Die Preise für den Brunello de Montalcino haben wieder Normalmaß erreicht.
Doch Profit zieht an. Deshalb widmen sich inzwischen über 250 Winzer in Montalcino diesem legendären Rotwein. Sie keltern ihn aus einem Klon der Sangiovese- Traube. Das Ergebnis sollte im besten Fall reichhaltig, kraftvoll, tanninbetont und ungemein konzentriert sein. Ein guter Brunello zeichnet sich zudem durch ein würziges Bukett aus, das an Tabak, an Fleisch und an getrocknete rote Früchte erinnert. Leider erfüllen nur die wenigsten Brunellos, die in den Kellern von Montalcino lagern, diese Kriterien.
Den Castelgiocondo Riserva, der von Frescobaldi produziert wird, kann man dagegen reinen Gewissens empfehlen. Er wurde vom „Wine Spectator“ zweimal unter die Top 100 gewählt. Dieser Brunello wird nur in besonders guten Jahren produziert. Dann wird er fünf Jahre lang ausgebaut. Davon mindestens 24 Monate in französischen Barriques. Den 2005er nennt Robert Parker “beeindruckend“. Es sei ein opulenter Brunello. „Er hat ausreichend Frucht und endlose Tiefe, um die Tannine bestens auszubalancieren.“ Parker adelte den Jahrgang mit 92 Punkten.