Als die Erde noch jung war, drückten ungeheure Kräfte auf diesen Ort. Gigantische Gletscher schaufelten Täler aus und glätteten Berge. Ihre schmelzenden Wasser füllten riesige Seen und reißende Flüsse. Und trugen den abgelösten Schotter weit in den Süden. Dort bildeten die Moränen ein natürliches Amphitheater von betörender Schönheit. Die Menschen nannten diese Gegend viele hunderttausend Jahre später „Oberitalien“.
Besonders viel Zeit – so möchte man glauben – nahmen sich die Gletscher mit einer Region, die sich von den oberitalienischen Seen bis zur Po-Ebene erstreckt: der Lombardei. Nirgendwo in Italien gibt es eine solche Vielfalt an Landschaften: Hohe, schroffe Berge gehen in weite, von unzähligen Flüssen durchzogene, Ebenen über. Sanft gewellte Hügel wechseln sich mit großen und kleinen Seen ab. Dichte Wälder, liebliche Weinberge und romantische Städte runden dieses atemberaubende Bild ab.
Die Lombardei zählt über 10 Millionen Einwohner, die in neun Provinzen leben - unter ihnen Bergamo und Brescia. Ihre gleichnamigen Hauptstädte bilden mit dem südlichen Ufer des Iseosees ein Dreieck, das Franciacorta genannt wird. Als sich die Gletscher langsam zurückzogen, hinterließen sie hier ein Erbe, von dem die Menschen heute noch leben: fruchtbarer Boden. Es handelt sich um einen besonderen Boden: Reich an Sand und Mineralstoffen, von niedrigem Lehmgehalt und hoher Durchlässigkeit. Durchsetzt von einer Vielzahl von Steinen.
Franciacorta - Eine Größe in der Welt der Schaumweine
Dieses Erbe ist die Grundlage für einen der bekanntesten Weine Italiens: den perlenden Franciacorta. Dieser Spumante wird im Stil eines Champagners hergestellt, also mit Hilfe der natürlichen Flaschengärung. Grundlage sind die Rebsorten Chardonnay, Pinot Noir, der in Italien Pinot Nero heißt, und Pinot Bianco. Der einfache Franciacorta gärt in der Flasche mindestens 18 Monate. Dem Millesimato, der aus einem einzigen Jahrgang besteht, werden 30 Monate gegeben. Und die Krönung des Franciacorta, der Riserva, verweilt mindestens 60 Monate auf der Hefe. Er kommt also frühestens fünfeinhalb Jahre nach der Weinlese in den Handel.
Der Franciacorta ist inzwischen so bekannt, dass die Winzer der Region auf den Zusatz „Spumante“ verzichten. Der Name allein ist Programm. Und das Logo! Das mit kleinen Zinnen gekrönte „F“, das an die mittelalterlichen Türme der 19 Iseo-Gemeinden erinnert, ist inzwischen ein Begriff in der Welt der Schaumweine. Auch wenn der Franciacorta nicht an den Champagner heranreicht, so steht er doch auf eine Stufe mit so prominenten Konkurrenten wie dem Prosecco aus Venetien, dem Cava aus Penedès, dem Cremant aus dem Burgund oder dem Winzersekt vom Rhein.
Hinter diesem Erfolg stecken 50 Jahre harte Arbeit im Weinberg und ein gutes Marketing. Bei keinem anderen Getränk spielt das Image eine so große Rolle wie beim Schaumwein. Die kleinen prickelnden Bläschen suggerieren seit jeher etwas Besonderes. Umfragen belegen, dass die Verbraucher tatsächlich glauben, Schaumwein schmecke besser und bereite mehr Freude als andere alkoholische Getränke.
Reine Einbildung natürlich ... die aber gepflegt werden will. Die Marketingexperten des Konsortiums Franciacorta, das 116 Kellereien vertritt, machen hier einen guten Job. Die Exportzahlen weisen ein exzellentes Wachstum auf. Allein nach Deutschland stieg die Ausfuhr im vergangenen Jahr (2016) um satte 24 Prozent. Wichtigster Absatzmarkt bleibt allerdings Japan, gefolgt von der Schweiz.
Mildes Klima - Der Stoff, von dem Golfspieler träumen
Der Weinbau profitiert im Franciacorta übrigens nicht nur von der Hinterlassenschaft der Gletscher, sondern auch von einem sehr spezifischen Klima. Die eigentlich kontinentalen Temperaturen werden durch die Nähe des Iseosees gezähmt. Im Sommer wird die zum Teil drückende Hitze durch kühle Brisen, die aus den Alpentälern kommen, gemildert. Und im Winter dient der See als Wärmespeicher, der vor der eisigen Luft aus den Bergen schützt. Das ist der Stoff, von dem Winzer träumen!
Und der Stoff, von dem Golfspieler träumen! In der Franciacorta kann man an 365 Tagen im Jahr den Schläger schwingen. Während nördlich der Alpen die Golfplätze unter einer geschlossenen Schneedecke liegen, spielen Einheimische und Touristen am Lago d’Iseo um den „San Silvestro Cup“. Anschließend stoßen sie im Franciacorta Golf Club auf das neue Jahr an. Stilgerecht mit einem „Golf 1927 Franciacorta DOCG“ aus dem Hause Barone Pizzini. Baron Edoardo Pizzini hat nämlich diesen wunderschönen Platz vor 90 Jahren gegründet.
Ihm zu Ehren und als Hommage an die berühmten Schaumweine der Region, hat die Clubleitung die drei 9-Loch-Plätze nach den Weinsorten Brut, Satèn und Rosé benannt. Charmante Empfehlung für die Runde nach der Runde. Der Brut ist in der Franciacorta der ideale Aperitif, der Satèn, ein feiner Blanc de Blanc, passt zu Risotto, Fisch und überbackener Pasta und der Rosé zu Lamm- und Rindfleisch, mit Parmesan überbackenen Auberginen oder würzigen Fischsuppen. Als Demi Sec konveniert er auch zu Kuchen und Gebäck.
Küche - "La Nonna" bestimmt die Speisekarte
Und damit sind wir beim Thema Essen. In der Lombardei ist die Welt - auch kulinarisch - noch in Ordnung. Die Küche ist sehr vielfältig, da sie seit Jahrhunderten von den „Nachbarn“ Südtirol, Piemont, Veneto, Emilia-Romagna und der italienischen Schweiz beeinflusst wird. Die Lombarden haben eine Schwäche für Suppen, Eintöpfe, Reis und herzhaften Schmorgerichten. Am bekanntesten sind die Zuppa Pavese, eine Kombination aus Brot, Ei und Brühe, und die Cassoeula, ein Eintopf aus Würstchen, Schweinerippchen und Wirsing. Auch die Ossobuco ist in der Lombardei entstanden, die Kalbshaxe wird stundenlang geschmort und mit Polenta und grünen Erbsen serviert. Und schließlich ist auch das Risotto lombardisch, zumindest die weltberühmte Variation „alla milanese“, die mit kostbaren Safranfäden veredelt wird.
In der Franciacorta wiederum haben sich in den vergangenen Jahren eine Reihe guter Restaurants niedergelassen, die die lombardischen Gerichte neu interpretieren. Dazu zählt das „Ristorante Due Colombe“ in dem kleinen Ort Borgonato di Corte Franca, knapp 15 Minuten vom Iseosee entfernt. Dort arbeitet Küchenchef Stefano Cerveni (Foto: rechts oben) auf geweihtem Boden. Das Gebäude diente früher nämlich mal als Kirche. Der himmlische Beistand war sicherlich nützlich als es darum ging, den Michelin-Stern auch 2017 erfolgreich zu verteidigen.
Stefano Cerveni, der noch ein zweites - temporäres - Restaurant in Mailand betreibt, ist ein Meister darin, traditionelle Rezepte dem Zeitgeist anzupassen. Köstliches Beispiel ist ein Gericht seiner Großmutter Elvira aus dem Jahre 1955: „Il Manzo all’Olio con Polenta“. Das Fleisch wird bei mittlerer Hitze etwa dreieinhalb Stunden geschmort – allerdings nicht nur wie üblich in Fleischbrühe, sondern zum Schluss in kalt gepressten Olivenöl. Magnifico!
Es muss aber nicht immer Sterne-Essen sein! Die kleine Trattorien in der Franciacorta servieren mitunter eine großartige Küche. Sehr zu empfehlen ist das Restaurant „Al Rocol“ in Ome, westlich von Brescia. Auch dort spielt die Großmutter, wie so häufig in Italien, eine dominierende Rolle. In diesem Fall heißt die alte Dame Castellini und hat mit ihren Rezepten die Grundlage für die Küche von Fabio Orizio und seiner Frau Daniela geschaffen. Zum Niederknien sind - um nur ein Beispiel zu nennen - die gefüllten Teigtaschen. Wählen sie unbedingt die mit Fleisch, „casonsei“ genannt, oder die, die mit „bagoss“ gefüllt sind, einem reifen Käse aus der Region.
In Agrotourismus-Betriebe wie dem „Al Rocol“ wird auch eine weitere Spezialität vom Iseosee serviert: tinca ripiena, gefüllte Schleie mit Polenta. Das Gericht stammt aus Clusane sul Lago. In dem kleinen Fischerdorf werden auch die bekannten getrockneten Sardinen hergestellt, die in die Arche von Slow Food aufgenommen wurden. Die Sardinen, die eigentlich Agonen sind, werden nach dem Fang 48 Stunden in Salz eingelegt. Anschließend auf Holzgittern 40 Tage lang getrocknet und vier Tage lang leicht gepresst. Dann werden sie mindestens 16 Monate in Öl eingelegt – bevor sie auf den Tisch kommen. Arme Sardine!
Abschließend ein Wort zum Namen „Franciacorta“. Wie ist er entstanden? Hat er – wie der Name vermuten lässt - etwas mit Frankreich zu tun? Nichts dergleichen! Franciacorta kommt von „franchae curtes“, was großzügig übersetzt „zollfreies Gebiet“ heißt. Im Mittelalter waren die größten Orte der Gegend sogenannte „corti regie“, denen nach der Besiedelung durch die Benediktinermönche das Privileg der Zollfreiheit gewährt wurde. Im Gegenzug waren die Mönche für die Straßenkontrolle und die Kultivierung der landwirtschaftlichen Flächen zuständig.
Hotels:
Hotel Araba Fenice
Via Caproni, 246
25049 Iseo
Hotel Rivalago
Via Cadorna N° 7
25058 Sulzano
Restaurants:
Ristorante Due Colombe
Via Foresti 13
25046 Borgonato di Corte Franca
Agriturismo Al Rocol
via Provinciale 79
25050 Ome
Trattoria del Muliner
Via S. Rocco, 16
Clusane d'Iseo
Golfplätze:
Franciacorta Golf Club
Via Provinciale 34/B
25040 Corte Franca
Golf Club Arzaga
Via Arzaga 1
25080 Calvagese della Riviera