Eric Vildgaard: Vom Schläger zum Sternekoch

Sternekoch Eric Kragh Vildgaard mit seiner Frau Tina
© Badrutt's Palace Hotel

Was für ein Gastspiel! Kreativ! Präzise! Außergewöhnlich! Der dänische Sperstar Eric Kragh Vildgaard hat im Badrutt's Palace in St. Moritz einen tiefen Eindruck hinterlassen. Gourmet Globe sprach mit ihm.

Vildgaard trat zwei Monate lang in St. Moritz auf. Seine Bühne war das ehemalige "Igniv" im Badrutt's Palace. Dort hatte sieben Jahre lang Drei-Sterne-Koch Andreas Caminada seine Spuren hinterlassen. Das Bühnenbild hatte sich also nicht verändert. Aber die Inszenierung war eine andere. Eine, die von den Kritiker-Päpsten als "die kreativste der Gegenwart" genannt wird.

Vildgaard wirkt - auf den ersten Blick - wie ein Mann, dem man im Dunkeln lieber nicht begegnen möchte. Riesig, gewaltig, ein wenig einschüchternd. Ein Berg von Mann - bedeckt mit unzähligen Tatoos. Es sind Erinnerungen an eine dunkle Vergangenheit. Eine Vergangenheit voller Gewalt, Hass und Drogen. Vildgaard war vor noch nicht allzu langer Zeit ein berüchtigter Schläger und arrivierter Drogendealer. 

Diese erste Karriere endete auf einem Gefängnisschiff, das vor der dänischen Küste ankerte. Ein Glücksfall! Denn dort begann die zweite Karriere des Eric Kragh Vildgaard. Der junge Mann wurde für anderthalb Jahre in die Kombüse gesteckt. " Dort habe ich gelernt, wie man schwer erziehbare Männer mit selbst gebackenem Kuchen glücklich machen kann." Der Beginn eines atemberaubenden Aufstiegs - vom Straßenschläger zum Sternekoch. Ein Stoff ... aus dem Hollywood-Filme gemacht werden.

Vildgaard kletterte die Karriereleiter nach oben. Vom Ein-Sterne-Restaurant Søllerød Kro in Holte über das Almanak im königlichen Opernhaus in Kopenhagen bis hin zum Noma, dem Mekka aller Gourmets. Der Weltklasse-Koch René Redzepi, der dort am Herd steht, hatte "großen Einfluss auf mich. Eines meiner Signature-Gerichte ist eine Hommage an seine Küche: rohe Shrimps mit Meerrettichsoße, Dill und Wasabi."

Diese Stationen allein machen aber noch nicht aus einem ehemaligen Gang-Mitglied einen der innovativsten Köche Europas. Es fehlte noch ein Schuss ... Liebe. Sie kam in Gestalt einer jungen, etwas kühl wirkenden Restaurantchefin namens Tina. "Sie hat mich nie verurteilt oder bewertet, sie hat etwas Gutes in mir gesehen und mir geholfen, diese helle Seite ans Licht zu bringen." Das Ergebnis dieser Liebe sind sechs (!) Kinder. Über den Fortbestand der nordischen Küche muss man sich also keine Sorgen machen.

Das Ergebnis dieser Liebe ist aber noch ein weiteres Kind, das erste eigene Restaurant in einem kleinen Hotel in Gentofte, einem Vorort der dänischen Hauptstadt. "Wir verkauften Tinas Rolex und ihren Diamantring" und gründeten das Jordnær, was so viel wie "bodenständig" oder "bescheiden" heißt. Der Rest ist kulinarische Geschichte. Neun Monate nach der Eröffnung wurde das Jordnær mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet, zwei Jahre danach folgte der zweite. Auf der Liste "The World's 50 Best Restaurants" belegte das Jordnær im vergangenen Jahr Platz 38. 

Im Winter 2023/24 dann das Badrutt's Palace Hotel, einem der hellsten Sterne in der langen Geschichte der Gastfreundschaft. Was für ein Weg! Eric und Tina setzten hier - zwischen Corvatsch und Corviglia - neue Maßstäbe. Sie rockten die Schweizer Berge! Alex Kühn, Chef des Züricher Genussmagazins marmite, schrieb vom "wahrscheinlich besten Seafood-Menü der Welt". Und Wolfgang Fassbender, Restaurant-Kritiker der NZZ, vergab für die Kreationen des Eric Kragh Vildgaard 9,5 von 10 möglichen Punkten.

Die beiden professionellen Feinschmecker hatten recht. Was der Däne auf die Teller des Badrutt's Palace zauberte, suchte seinesgleichen in Europa. Es war neu, frisch, innovativ und ungemein präzise. Um es treffend zu beschreiben, fehlen die Adjektive. Vildgaards Küche ist ... nun ... ist anders als das, was Sterne-Restaurants häufig servieren. Vildgaard beschreibt seinen Still selbst als  "nordisch-französische Küche mit starkem japanischem Einfluss". Angereichert mit viel Kaviar. Den liebt der Küchenchef Eric. Begleitet von ausgsuchten Champagnern. Die liebt die Restaurantleiterin und gelernte Sommelière Tina.

Und das Badrutt's Palace liebt Eric und Tina. Mit dem "Jordnær" hat das Hotel-Management dem Pop-Up-Konzept eine neue Dimension verliehen. Dieses Gastspiel war tatsächlich eine beeindruckende kulinarische Bereicherung! "Es war das erste Mal", so Hoteldirektor Richard Leuenberger, "dass die Küche von Eric Kragh Vildgaard für zwei Monate ausserhalb Dänemarks zu Gast war. Darauf sind wir sehr stolz!"