Helsinki - Die neue nordische Küche

Foto: © Visit Helsinki

Tervetuloa Suomeen. Willkommen in Finnland, im Land der "New Nordic Cuisine". Neu nordisch zu schlemmen ist in Skandinavien der große Trend.

Gourmets und Gourmands schätzen die Naturbelassenheit der Produkte, die Einfachheit der Gerichte und die Kreativität der Chefs. Viele dieser Köche gehören zu einer neuen Generation, die die Restaurantszene revolutionieren.

Die Idee zu der Bewegung hatten vor 10 Jahren zwei Dänen: René Redzepi und Claus Meyer vom legendären Restaurants Noma in Kopenhagen. Sie wollten beweisen, dass es neben der mediterranen und französischen Küche auch noch eine eigenständige nordische Küche gibt, die überwiegend regionale Produkte verwendet. Vor allem ging es ihnen darum sich in der kulinarischen Landschaft Europas neu zu positionieren, mehr wahrgenommen zu werden.

Vor allem Finnland war ein großer weißer Fleck auf der kulinarischen Landkarte. Zu lange hatte man sich von Tapas, Pizzas und Döners vereinnahmen lassen. Es wurde Zeit, sich auf die eigene kulinarische Identität zu besinnen, ohne altbacken zu wirken. Tradition mit Moderne versucht man nun zu vereinen. Und das gelingt erstaunlich gut, wie GOURMET GLOBE in Helsinki recherchierte.

Die Hauptstadt ist der kulinarische Hotspot Finnlands. Entlang der Prachtmeilen Eteläesplanadi und Pohjoisesplanadibis bis hinunter zum Market Square am Hafen haben viele neue, schicke Restaurants eröffnet. Und in der Kauppahalli (Foto rechts), in der alten Markthalle, gibt es alles zu kaufen, was Finnland an Köstlichkeiten zu bieten hat: Renntierschinken, Elchfleisch, jede Menge Fisch, zahllose Kaviarsorten, die seltenen Moltebeeren aus Lappland oder Kalakukko, ein mit Fisch und Speck gefüllter Brotlaib.

Sechs Restaurants wurden in Helsinki inzwischen mit je einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Darunter das Olo am Pohjoisesplanadi. „The Journey" heißt das Flaggschiff-Menü von Chefkoch Jari Vesivalo. Seinen Gast nimmt er mit auf eine kulinarische Reise durch seine Heimat. Dabei geht es ihm in erster Linie um die Aromen und Düfte seiner Kindheit. Fisch, Lamm, Schwein, Ente, Elch- und Rentierfleisch bilden dabei die Basis seiner Gerichte.

Alles wird akkurat angerichtet. Das Auge isst mit! Die rosaroten Filetstücke vom Lachs werden – kontrastreich - auf einem schwarzen Teller (Foto links) präsentiert. Dazu gibt es Maränen-Kaviar, Gurken-Granita, Meerrettichcreme und eine Dill-Emulsion. Getrocknete Eigelbflocken runden das Bild ab. Ein Feuerwerk an Farben. Sein gegrilltes Schweinefleisch mit Topinambur-Püree, Apfelscheiben und FoiGras-Sauce sowie das Lammfilet mit Rote Beete, Roggen-Porridge und Dillsauce konnten ebenso überzeugen.

Wer es bodenständiger liebt, geht hinunter zum Hafen ins Nokka zu Küchenchef Ari Ruoho. Schon vor 12 Jahren war das Restaurant eines der ersten kulinarischen Adressen Helsinkis. Es befindet sich in einem alten Backsteingebäude, in einem ehemaligen Speicherhaus, am Katajanokkas Ufer. Typisch finnische Gerichte, Hausmannskost auf hohem Niveau, finden sich auf der Karte: Rentierbraten mit Fingerlingkartoffeln und Preiselbeersauce. Blinis mit Varänen-Rogen, roten Zwiebeln und Sauerrahm. Südkarelisches Särä, ein Ofengericht aus Lammfleisch und Kartoffeln oder zu Ostern auch mal Mämmi, ein gebackener Malzpudding. Ausschließlich Produkte aus der Region verarbeitet sein Küchenteam. Die Enten kommen aus Aalhopakka, einer kleinen Farm 40 Kilometer nordöstlich von Helsinki, die würzigen Salz-Lämmer von der Insel Bovik, das Renntierfleisch aus Sala, aus Lappland.

Ari Ruoho kreierte dieses Jahr auch ein Signature-Menü für die Finnair, das vom 29. Juli bis 29. Oktober in der Business Class serviert wird. Mit dabei sind auch die Chefköche Matti Jämsén vom G.W. Sundmans und Kari Aihinen vom Savoy. Leider gibt es die Speisen nur auf Langstreckenflügen, die von Helsinki aus starten.

Die große Herausforderung für die Spitzenköche war: Menüs zu kreieren, die auch noch in 12.000 Meter Höhe verwöhnten Gaumen schmecken. Das ist nicht immer leicht. Denn über den Wolken ticken die Geschmackspapillen anders. Aromen und Gerüche werden weniger intensiv wahrgenommen. Alles muss stärker gewürzt werden. Und bevor die Gerichte in den Flieger kommen, werden sie natürlich noch vorgekocht.

Das Menü von Matti Jämsén hat GOURMET GLOBE verkostet. Es gab Lachs, Topinambur-Suppe mit Apfelstücken, glasierte Schweinebacke mit Parmesan Gnocchi und Kabeljau mit Blumenkohl und Erbsen. Ausgesprochen köstlich – sogar über den Wolken.

Text: Thomas Fischer-Fabian