Zehntausend Schildkrötenpanzer – so heißt das Maß in der Welt der Sojasauce. Der japanische Lebensmittel-Tycoon ‚Kikkoman‘ hat sich diesen Namen gegeben. ‚Kikko‘ bedeutet Schildkrötenpanzer. ‚Man‘ heißt zehntausend. Die Schildkröte, so glauben die Japaner, wird mehrere tausend Jahre alt und ist so ein Sinnbild für Glück und Erfolg.
Nomen ist in diesem Fall tatsächlich Omen! Der Hoflieferant des Kaiserhauses beherrscht den Weltmarkt souverän. Jedes Jahr werden in Japan, den USA, Singapur, Taiwan, China und den Niederlanden über 400 Millionen Liter Sojasauce gebraut.
Sehr häufig ist allerdings nicht ‚Kikkoman‘ drin wo ‚Kikkoman‘ draufsteht. Hart kalkulierende Sushi-Restaurants ersetzen gerne die teuren Saucen durch Billig-Produkte aus China, Indonesien oder Thailand. Echt ist dann nur noch die leicht bauchige Flasche von ‚Kikkoman‘. Nur ganz wenige Gäste merken den Unterschied. Durchschnittlichen europäischen Gaumen fehlt die Sensibilität, natürlich gebraute Sojasauce zu schmecken.
‚Naturally brewed‘-Sojasauce besteht ausschließlich aus Sojabohnen, Weizen, Wasser und Salz. Der Fertigungsprozess dauert bei sehr hochwertigen Saucen, die allerdings nur in Asien verkauft werden, bis zu vier Jahre. Die Billig-Produkte sind dagegen meist chemischer Natur. Ihre Produzenten setzen Maissirup, Karamellfarbstoffe, Geschmacksverstärker und Konservierungsmittel ein. Überdies wird der Gärungsprozess mit Hilfe von Sojamehl und Salzsäure beschleunigt.
Der Unterschied ist sichtbar. Natürliche Saucen sind lichtdurchlässig, hellbraun und dünnflüssig. Chemische Produkte dagegen sind dunkel wie die Nacht und tropfen wie zähflüssiger Sirup von den Sushi-Häppchen. Entscheidend sind aber vor allem der Geruch und der Geschmack. Eine gute Sojasauce entfaltet ein unvergleichliches Aroma und schmeckt umami, vollmundig. Das chemische Pendant riecht indes stumpf und erinnert die Geschmacksknospen bestenfalls an angelsächsische Würzhilfen.
Die Sojasauce hat in Asien eine lange Tradition. Erfunden wurde sie vor mehreren tausend Jahren in China von einer buddhistischen Sekte, die dem Fleischgenuss entsagte. In Japan wurde sie viele hundert Jahre später durch die Zugabe von Weizen und durch die Verlängerung der Fermentierung deutlich verbessert. Heute ist sie aus der japanischen Küche nicht mehr wegzudenken. Die shoyu steht bei jeder Mahlzeit auf dem Tisch. Sie wird eingesetzt zum Würzen und Verfeinern, als Basis für Saucen, Dips und Dressings sowie zum Marinieren und Beizen.
1. Ohsawa Nama (Japan)
Die ‚Nama‘ von der Firma Ohsawa ist der „Champagner unter den Soja-Saucen“. Sie wird in einem kleinen Bergdorf namens Kamiizumi-Mura gebraut. Die Kanto-Berge, nordwestlich von Tokio, sind ihre Heimat. Die Region ist berühmt für ihr klares Quellwasser. Neben Sojabohnen und Weizen ein wichtiger Bestandteil der ‚Nama‘.
Benötigen die chemischen Massenprodukte wenige Wochen, um die Regale der Supermärkte zu erreichen, so reift die ‚Nama‘ vier lange Jahre in uralten Bottichen aus Zedernholz. In dieser Zeit wird sie, durch erneute Zugabe von Soja und Weizen, zweimal fermentiert. Dieses Prozedere lässt die ganze Bandbreite der Aromen entfalten. Bukett und Farbe werden dicht und intensiv. Der Salzgehalt wird reduziert. Der Geschmack bekommt Charakter. Er ist mild und edel.
Diese Eigenschaften machen die ‚Nama‘, die übrigens nicht pasteurisiert wird, zur besten Sojasauce der Welt. In einer Blindverkostung des amerikanischen Food-Magazine ‚Cooks Illustrated‘ hat sie das eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Die Sojasaucen wurden dreimal getestet: pur, mit warmen Reis und verarbeitet in einer Teriyaki-Sauce. Die ‚Nama‘ verwies ein Dutzend namhafter Konkurrenten aus Japan, China und den USA auf die Plätze.
2. Kikkoman Goyogura (Japan)
‚Goyogura‘ heißt die feinste Sojasauce, die Kikkoman produziert. ‚Goyogura‘ ist eine Spezialmischung, die einst nur für das Kaiserhaus gebraut wurde. Sie wird noch heute ohne Einsatz von modernen Maschinen hergestellt. Die Produktionsstätte liegt 30 Kilometer nördlich von Tokio, in Noda, dem Stammsitz von Kikkoman (Foto rechts). Dort wird in einem kleinen, rot lackierten Brauhaus am Edo-Fluss einer der besten Sojasaucen der Welt gefertigt.
Die kaiserliche Sojoasauce besteht ausschließlich aus einheimischen Produkten. Weder Sojabohnen noch Weizen dürfen importiert werden. Im Gegensatz zur konventionellen Sojasauce, die sechs Monate in stählernen Tanks fermentiert, reift die ‚Goyogura‘ ein ganzes Jahr in riesigen hölzernen Bottichen. Dieser Prozess verleiht der Sauce ein ungemein starkes und volles Aroma.
Man muss aber nicht unbedingt ein Spross der kaiserlichen Familie sein, um in den Genuss dieser außergewöhnlichen Sojasauce zu kommen. ‚Goyogura‘ führen auch einige wenige Feinkostgeschäfte in Tokio. Europäischen Gourmets ist ein Besuch im Internet zu empfehlen. Japanische Feinkostportale liefern ‚Goyogura‘ in geringer Stückzahl bis an die Haustür.
3. Eden Traditionally Brewed Tamari (USA)
Diese Bio-Sojasauce hat in den USA diverse Blindverkostungen erfolgreich bestanden. „This tamari is dark and thick, almost syrupy … with a nice complexity of flavor that balanced salt and caramel," heißt es zum Beispiel im ‚San Francisco Chronicle‘. "Very savory, rounded and smooth,“ lobt das ‚Cooks Illustrated Magazine‘.
‚Eden Foods‘ sitzt in Clinton, Michigan, und ist der älteste Produzent von biologisch angebauten Nahrungsmitteln in Nordamerika. Die ‚Traditionally Brewed Tamari‘ lässt Eden in Japan brauen. Sie darf nicht mit der ‚Naturally Brewed Tamari‘ verwechselt werden, die von Eden in Virginia aus amerikanischen Produkten hergestellt wird.
4. Kikkoman Sojasauce (Niederlande)
Stiftung Warentest hat 18 Sojasaucen unter die Lupe genommen. Das natürlich gebraute Produkt von Marktführer Kikkoman hat mit der Gesamtnote „Gut“ abgeschnitten. Im Bereich „sensorische Fehlerfreiheit“, der 40 Prozent des Test ausmachte, erreichte die Sojasauce von Kikkoman die Note „Sehr gut“. Die Experten lobten die rehbraune Farbe, den mild-salzigen Geruch und den würzigen Geschmack.
Seit September 2012 trägt die Kikkoman Sojasauce zudem das begehrte Qualitätssiegel des SGS Institut Fresenius. Das unabhängige Prüflabor in München zählt zu den führenden Anbietern für nicht-medizinische Laboranalytik in Europa. Untersucht wird der gesamte Herstellungsprozess: Von den Rohstoffen und den Lieferanten über das Produkt an sich bis hin zur Verpackung. Die Qualitätskontrollen der Inspektoren erfolgen in regelmäßigen Abständen. So soll garantiert werden, dass die Qualität so bleibt, wie sie ursprünglich bei der Siegelvergabe zertifiziert wurde.