Neapel hat die Nudel berühmt gemacht. Sie hat sie zum Inbegriff italienischer Lebensart erhoben, zum ewigen ‚ersten Gang‘, zum primo piatto. Wie tief verwurzelt die Liebe der Neapolitaner zu ihrer Pasta ist, zeigt eine Zeile des Journalisten Giuseppe Marotta.
In seinem Buch ‚l'Oro di Napoli‘ schreibt er: „Wer das Paradies durch eine Tür betritt, ist nicht in Neapel geboren. Wir halten unseren Eintritt in den Palast der Paläste, indem wir einen dünnen Vorhang aus Spaghetti behutsam beiseiteschieben".
Es gibt in Italien eine endlose Vielfalt von Nudeltypen. Vorsichtige Schätzungen sprechen von 300 verschiedenen Formen. Sie werden grob eingeteilt in pasta corta (kurz) wie Penne, Fusilli oder Orecchiette und in pasta lunga (lang) wie Spaghetti, Bavette oder Vermicelli. Darüber hinaus unterscheiden die Italiener zwei Arten der Herstellung. Die pasta fresca (frisch) findet man häufig im Norden des Landes. Zu dieser Gruppe zählen Gnocchi, Tortellini oder Ravioli. Die frische Pasta hält sich im Kühlschrank höchstens einige Tage. Zu ihr passen gehaltvolle Saucen aus Sahne, Butter oder Käse.<
Die pasta secca (getrocknet) hat ihren Ursprung dagegen im Süden Italiens. Zu dieser Abteilung gehören Spaghetti, Makkaroni oder Rigatoni. Sie halten sich, luftdicht verpackt, bis zu sechs Monate. Getrocknete Pasta sollte man möglichst mit Saucen aus Tomaten, Fleisch oder Meeresfrüchten kombinieren. Die Deutschen, die pro Kopf und Jahr 7,4 Kilogramm Nudeln essen, bevorzugen übrigens die getrocknete Variante. 62 Prozent unserer Mitbürger essen am liebsten Spaghetti, gefolgt von Fusilli und Papardelle.
Auf dem Pasta-Weltmarkt spielen die großen italienischen Konzerne eine gewichtige Rolle. Konzerne wie Barilla oder De Cecco produzieren jedes Jahr mehr als 3,2 Millionen Tonnen Nudeln. Über 50 Prozent davon gehen in den Export. Sie stellen solide Pasta her. Da gibt es nichts zu meckern! Wer aber Pasta auf hohem kulinarischen Niveau genießen will, muss die Nudeln kaufen, die in der Haute Cuisine verwendet werden. Und die stellen nur einige, wenige Handwerksbetriebe in Italien her. Hier sind die Besten ...
1. Latini
Bei Carlo und Carla Latini besteht Pasta nicht nur aus Mehl und Wasser. Bei Latini kommt noch Genie und Leidenschaft dazu. Die Nudelhersteller aus Osimo in den Marken bieten im Wesentlichen drei Nudelsorten an: Senatore Capelli, Taganrog und Farro. Grundlage der einzelnen Qualitäten sind Hartweizensorten, die einen hohen Proteingehalt aufweisen. Der Proteinwert beeinflusst die Klebefähigkeit des gemahlenen Korns. Je höher dieser Wert desto besser die Qualität der Pasta. Auf den Getreidefeldern der Latinis werden ständig neue Sorten angepflanzt und getestet - auf der Suche nach der besten Pasta der Welt.
2. Artigiano Fabbri
In Strada, im Herzen des Chianti, stellt Giovanni Fabbri seine berühmte Pasta her. Die Familie Fabbri ist seit dem 19. Jahrhundert in diesem Geschäft. Der toskanische Nudelspezialist setzt bei der Herstellung Pastamaschinen ein, deren Düsen aus Bronze oder Kupfer gefertigt sind. Dadurch erhält die Pasta eine poröse Oberfläche, die den Geschmack betont und die sugo besser aufsaugt. Die ‚Pastificio Artigiano Fabbri‘ bietet zurzeit zwei Produktlinien an: ‚Giovanni Fabbri‘ und ‚Segnaprezzo‘.
3. Cipriani
‚Harry's Bar‘ in der Calle Vallaresso in Venedig ist eine Legende unter den Kneipen dieser Welt. Orson Welles und Truman Capote tranken hier ihren Whiskey. Und Hemingway machte die Bar in ‚Über den Fluss und in die Wälder‘ unsterblich. Hier wurde der Bellini geboren, das Carpaccio ersonnen und die Cipriani-Nudel erfunden. Die Pasta von Arrigo Cipriani hat Anhänger rund um den Globus. Sie wird mit Ei und apulischen Hartweizen hergestellt.
4. Martelli
Mario, Laura, Luca, Lucia, Valeria, Lorenzo und Dino. So heißen die Angestellten der Nudelfabrik Martelli in Lari in der Nähe von Pisa. In ihren Adern fließt das gleiche Blut. Sie sind alle gebürtige Martellis. Der kleine Familienbetrieb in der Toskana stellt jährlich etwa 330 Tonnen Pasta her. Soviel schaffen industrielle Betriebe in wenigen Stunden. Dafür schmecken die Nudeln der Martellis um ein vielfaches besser. Manche Pasta-Liebhaber behaupten sogar, es seien die Besten Italiens. Getrocknet werden die Spaghetti, Spaghettini, Maccheroni und Penne Lisce auf dem Dachboden. Der warme Wind der Maremma streichelt sie trocken.
5. Rustichella d'Abruzzo
Den Unterschied macht das Wasser. Das mineralreiche Ouellwasser der Maiella in den Abruzzen macht die Pasta der kleinen Firma ‚Rustichella d'Abruzzo‘ zu etwas Besonderen. Neben den klassischen Nudeln, die aus Hartweizen und Wasser bestehen, ist Rustichella berühmt für seine pasta all'uovo. In ein Kilogramm Nudeln verarbeitet Firmenbesitzer Gianluigi Peduzzi sechs Eier, statt der üblichen vier. Das köstliche Endprodukt nennt sich Chestnut Tagliatelle, Saffron Fettuccine oder Lasagne all'uovo.
6. Pastificio Zaccagni
In der industriellen Pasta-Produktion kostet jede Minute Geld! Deshalb werden die Nudeln im Schnellverfahren getrocknet: in weniger als drei Stunden bei Temperaturen von 100 Grad. Das macht die Pasta zu hart und vernichtet jegliches Aroma. Gianfranco Zaccagni aus Gissi in den Abruzzen dagegen lässt sich Zeit. Seine Nudeln trocknen bis zu 60 Stunden in der warmen Luft eines Holzfeuers. Seine pastificio hat er vor Jahren an die örtliche Konkurrenz Nonna Luisa verkauft. Heute firmieren die beiden Nudelhersteller unter dem Label ‚Due Pastori‘.