Entscheidend für einen gelungenen Entenbraten sind neben dem Können des Kochs das Geschlecht, das Alter, die Rasse und die Aufzucht der Tiere. Weibliche Exemplare sind in der Regel kleiner, saftiger und aromatischer. Männliche Vögel dafür größer und würziger. Junge Enten - zwischen neun Wochen und fünf Monaten - schmecken am besten. Das Alter lässt sich mit einem Druck auf das Brustbein bestimmen. Der Knochen muss noch weich und flexibel sein.
Eine Ente sollte immer in zwei Gängen serviert werden. Zuerst die Brust und dann die Keulen. Der Hintergrund: Wenn die Entenbrust rosa ist, also so wie die meisten Feinschmecker sie lieben, sind die Keulen noch halb roh. Deshalb tranchieren gute Köche erst die Brust. Die Keulen wandern unterdessen zurück in die Röhre und werden später angerichtet.
Die hochwertigsten Fleischenten sind die Rouen, die Challans, die Barbarie, die Bresse und die Nantaiser aus Frankreich, die Aylesbury aus England, die Peking aus China sowie die Bayerische aus Deutschland. Sie alle unterscheiden sich teilweise sehr deutlich im Geschmack. Je artgerechter ihre Aufzucht desto besser ihre Qualität! Enten, die im Freien gehalten werden, sind von Natur aus Dauerläufer. Ihr Fleisch ist entsprechend muskulös und fettarm, ihr Geschmack kräftig und würzig.
1. Canard de Challans
Die Ente aus Challans gilt in Fachkreisen als das Nonplusultra dessen, was da watschelt und quakt. Sie wird wegen ihres feinen, zarten Geschmackes und ihrer Fettarmut von den französischen Feinschmeckerrestaurants bevorzugt. Die Pastete aus ihrer Leber ist unter Gourmets legendär und von unübertrefflichem Geschmack.
Challans liegt auf halben Weg zwischen Nantes und dem Atlantik. Die Region nennt sich Vendée und gilt in Frankreich als die Kapitale der Entenzucht. Die Züchter finden hier seit altersher ideale Bedingungen für ihr Geschäft. Das Klima ist gemäßigt, der Boden etwas sumpfig und die Erde mineralstoffhaltig. Die Landschaft ist reich an Gewässern. Sie wird durchzogen von Kanälen, Poldern, Prielen und Teichen.
Die Enten leben hier sowohl im Käfig als auch im Freigehege. Ihre Aufzucht dauert mindestens elf Wochen. In dieser Zeit ernähren sie sich ausschließlich von Getreide, Pflanzen und Mineralstoffen. Fisch- oder Tiermehl ist verpönt. Die Canard de Challans trägt nicht zuletzt deshalb seit 1985 das ‚Label Rouge‘. Dieses amtliche Gütesiegel wird vom französischen Landwirtschaftsministerium nach strengen Kriterien vergeben. Es garantiert „perfekte Qualität in ernährungswissenschaftlicher Hinsicht".
2. Canard de Rouen
Die Ente aus der normannischen Hafenstadt Rouen wird gepriesen wegen ihres feinen Fleisches, feinen Fettes und feiner Blume. Außerdem sei sie edlen Ursprungs und entstamme in direkter Linie von der Wildente ab, was ihr duftiges Aroma ausmache. Charles Talleyrand, Ministerpräsident unter Napoleon, bekannte in maßloser Übertreibung, dass ihm das Leben ohne die Ente von Rouen weniger lebenswert sei.
Die Rouen ist eine klassische Blutente. Sie stirbt wie auch manche Challans einen qualvollen Tod. Sie wird nicht geschlachtet, sondern erstickt, sprich erdrosselt! Durch diese Form des Dahinscheidens bleibt das Blut im Körper und das Fleisch wird dunkelrot, sehr fein und saftig. Diese Art des Tötens von Tieren ist in Deutschland verboten.
Bei der Zubereitung spielt die so genannte Entenpresse eine wichtige Rolle. Dieses Gerät der klassischen französischen Küche funktioniert vom Prinzip her wie eine Weinpresse. In der Presse wird die carcasse, das Knochengerüst samt anhaftender Fleisch- und Hautreste, verarbeitet. Der so entstandene Fleischsaft dient als Grundlage für die Sauce, die in der Regel mit Cognac und Rotwein verfeinert wird.
3. Canard de Barbarie
Hoch im Ansehen der deutschen Verbraucher stehen die Entenprodukte aus Frankreich. Sie haben in den Supermärkten und Delikatessenläden einen Marktanteil von 80 Prozent. Besonders gefragt bei den Gourmets ist die Barbarie-Ente. Dieser französische Import stammt von der Moschus-Ente ab, einer südamerikanischen Wildrasse.
Die Canard de Barbarie, die nach etwa zwölf Wochen geschlachtet wird, hat eine schöne Fleischfarbe, einen kräftigen Geschmack und sehr mageres Muskelfleisch. Berühmt ist sie vor allem für die Güte ihrer Brust, dem besten Stück an der Ente. Alain Ducasse nennt die Barbarie in seiner ‚Kulinarischen Enzyklopädie‘ einen „Kompromiss zwischen der Eleganz einer Zuchtente und der Kraft einer Wildente".
4. Pekingente
Die Karriere der legendären Pekingente beginnt mit der Aufzucht. Drei Wochen vor dem Schlachten wird sie viermal am Tag mit Hirse, Mungbohnen und Weizen gemästet, so dass sie nach 65 Tagen mindestens zwei Kilogramm wiegt. Diese Mastzeit muss die Ente ‚absitzen‘, sie darf sich nicht bewegen, das garantiert dünne Haut und zartes Fleisch.
Die Gourmet BibelBeim Schlachten wird darauf geachtet, dass die Haut vom Kopf bis zum Schwanz unverletzt bleibt. Schließlich wird Luft unter die Haut gepumpt und der Entenkörper mit kochenden Wasser überbrüht. Um die Haut knusprig zu machen, bepinselt man sie mit einer Glasur aus Malzzucker. Danach hängt man die Ente an einem kühlen Ort zum Trockenen auf.
Bevor sie in die Röhre kommt, füllt man kochendes Wasser in den Rumpf. Das Wasser verdampft und gart das Fleisch von innen, während die Haut eine tiefrote Farbe annimmt.
Fünf Minuten nach Verlassen des Ofens zerteilt der Koch sie so in dutzende Stücke, dass an jedem noch etwas Haut klebt. Der Ehrgeiz jedes Koches ist und bleibt die perfekte Haut! Was nur denen gelingt, die die Kunst des Tranchierens perfekt beherrschen.
Quelle: 'Die Gourmet-Bibel'.